Tag 12: Myanmar – Khatioh – Golden Rock
Bereits um 6:00 Uhr morgens holt uns das Taxi ab, das uns für 8000 Khat zur Bus Station bringt. Dieses Menschen- und Fahrzeuggewusel schon morgens um 7 Uhr ist ein Abenteuer für sich, einfach unglaublich, was hier los ist. Wie durch ein Wunder liefert uns unser Taxifahrer nach zahlreichen Nachfragen direkt am richtigen Bus ab.
Die rund fünfstündige Busfahrt ist recht abwechslungsreich, myanmarische DVDs mit furchtbar unlustigen (finden wir) bzw. lustigen (finden fast alle anderen) und beeindruckend schlecht geschauspielerten Telenovelas, Karaoke-CDs, ein kleiner Junge, der mir fast auf den Schoß kotzt, viele Händler, die bei einer Rast ihre Speisen an die Fenster reichen und Fahrer, die unentwegt Betelnüsse kauen und auf die Straße rotzen. Was für die einen der Tabak ist, ist für den anderen die Betelnuss oder auch Arekanuss, die zerkleinert mit gelöschtem Kalk, Gewürzen und Kräutern gemischt und in Blättern eingewickelt gekaut werden. Sie sollen eine leicht stimulierende, euphorisierende und leicht betäubende Wirkung haben – eigentlich keine gute Kombination für Busfahrer, vor allem dann, wenn man dann auch noch an Widergeburt glaubt. Außerdem regt die Betelnuss den Speichelfluss an und färbt ihn dunkelrot, so dass der komplett und einschließlich der Zähne rot gefärbte Mund den Eindruck richtig fiesen Zahnfleischblutens hinterlässt.
Während der Busfahrt lernen wir noch Nina und Jochen kennen, ein nettes deutsches Pärchen, mit dem wir im Prinzip den Rest des Tages verbringen – die beiden haben dasselbe Ziel und bereits vor Ort ein Hotel reserviert, so dass wir uns einfachheitshalber direkt anschließen.
Das Hotel ist… günstig. Mehr gibt es darüber eigentlich nicht zu sagen, für 16 USD ist diese bescheidene Bleibe immerhin mit AC ausgestattet und ganz ok, auch wenn abends beim Duschen immer mal wieder der Strom weg ist. Immerhin müssen wir nun keine Zeit für die Hotelsuche aufwenden und können gleich zusammen mit Nina und Jochen zum Truck Stop aufbrechen, von wo die Touristen zum Fuße des Berges gefahren werden, auf dem sich der Golden Rock befindet.
Nach ewig langer Wartezeit werden die anwesenden Touristen in umgebaute Pritschen-LKW gepfercht und Viehtransportergleich mit Hochgeschwindigkeit durch Serpentinen-Gebirgskurven gefahren – ein großer Spaß für 1500 Khat pro Person.
Geradezu luxoriös kann man sich dagegen den steilen Bergaufstieg ersparen und sich stattdessen auf einer Sänfte (!) hochtragen lassen. Wir verzichten auf dieses peinliche Spektakel und machen uns lieber selbst an den Aufstieg. Immer wieder passieren wir dabei johlende Touristen auf ihren Sänften. Grundsätzlich finde ich es ja ok, wenn Einheimische ihr Geschäftsmodell gefunden haben, um am aufkommenden Tourismus-Boom zu partizipieren, aber beim Anblick der schweißgebadeten dünnen kleinen Myanmarer, die nicht nur die schwere Sänfte sondern auch noch Menschen darauf den steilen Berg hochtragen müssen, die locker das doppelte von ihnen wiegen, kommt schon ganz schön Mitleid auf und insgeheim warte ich nur darauf, dass mal eine Sänfte in einer besonders steilen Bergkurve aus dem Gleichgewicht gerät. Tut sie aber seltsamerweise nicht.
Nach einer Stunde steilen Aufstiegs werden wir mit einer grandiosen Aussicht über die wunderbare grüne Berglandschaft und natürlich dem religiös-buddhistischen Riesenareal mit dem „Golden Rock“ belohnt. Der große Felsen soll der Legende nach nur von zwei Haaren Buddhas im Gleichgewicht gehalten werden und gilt als beliebter Wallfahrtsort im Buddhismus – allerdings nur für Männer, denn Frauen ist der Zutritt zum Allerheiligsten nicht gestattet, sie dürfen den Felsen nur aus der Entfernung betrachten. Sehr beliebt ist es unter Pilgern, Blattgold zu kaufen und den Felsen immer weiter damit bedecken.
In der Hoffnung, dass auch auf mich ein wenig Erleuchtung abfärbt, halte ich ebenfalls meine Hand auf den Felsen. Dabei beklaue ich diese heilige Stätte um Gold im Wert von etwa 20 Cent, wie ich mit einem Blick auf meine goldene Hand feststelle. Offen ist der Felsen durch die starke Sonneneinstrahlung so stark aufgewärmt, dass das Blattgold darauf bereits klebrig ist. Die Strafe für diese (unbeabsichtigte) Blasphemie folgt auf dem Fuß bzw. in meinem Fall darunter. Was ich beim Abstieg zunächst noch für Tollpatschiges Stolpern hielt, erwies sich als kaputter Schuh. Die Sohlen meiner Timberlands haben sich dermaßen gelöst, dass sie nur noch an der Hacke an Schuhen klebten. Barfuß gehen kam wegen der spitzen Steine nicht in Frage und so muss ich den ganzen Weg im Tauchergang den Berg hinunter staksen.
Auf dem Rückweg bekommen wir neben allerlei Souvenirständen, die hauptsächlich kleine Versionen des Golden Rocks verkaufen, noch kuriose Stände zu sehen, die offenbar sehr spezielle Medizin verkaufen und auch Schlangen, Adlerflügel, Ziegenköpfe oder wahlweise -füße, Heuschrecken, Maden, Riesenraupen und anderes im Angebot haben. Kurz überlege ich, ob sie wohl auch irgendwas gegen meine immer wiederkehrenden Magenprobleme im Angebot haben, entscheide mich dann aber doch dagegen.
Der letzte Truck bergabwärts fährt um 18h, wir kommen gegen 19h in unserer bescheidenen Bleibe an. So eng zusammengepfercht kommt man sich näher und so lernen wir noch einige andere Touristen kennen und verabreden uns alle zum gemeinsamen Abendessen im Hotel „Golden Sunrise“, dass eher eine gemütliche Lodge mit großer Terrasse ist und nettes Essen anbietet.
Nach einem netten gemeinsamen Abend, vielen Tipps und Erzählungen sowie der Möglichkeit, dort mal kurz ins Internet zu gehen, stolpern wir gegen Mitternacht im stockdunkeln die unbeleuchtet Straße zurück in unser Hotel.