Auf dem Weg in die Salzwüste von Uyuni
Angekommen in La Paz, eröffnet man uns am Schalter der Buslinie Titicaca, dass unsere Reservierung gecancelled und die Plätze anderweitig vergeben wurden, da wir nicht rechtzeitig vor Ort gewesen seien. Witzbolde! Am Schalter nebenan buchen wir also zwei Plätze bei einer anderen Busgesellschaft, nicht ganz so komfortabel, aber wer braucht das schon; dafür fährt dieser Bus einen direkten Weg und ist entsprechend schon früher da. Liegesitze sind ohnehin was für Weicheier.
Unser Bus ist gut gefüllt und für das Unterhaltungsprogramm ist ebenfalls gesorgt: Auf einem kleinen analogen Fernseher vorn im Bus laufen alte Musikvideos mit der folgenden Playlist:
- The Eagles – Hotel California (Cool!)
- Celine Dion – My Heart will go on (Naja..)
- Modern Talking – Brother Louie (spanische Version) (Würg)
- Gangnam Style
Leider ist die DVD defekt, so dass sie im Anschluss wieder von vorn abspielt. Irgendwie ein sonderbares Gefühl, begleitet von Modern Talking durch‘s bolivianische Hochland zu fahren. Früher war eine Anden-Überquerung eine mühsame, aufwendige und wochenlange Plackerei und heute sitze ich hier mit meiner Cola Light und einer Packung Schoko-Cookies im bequemen Bus und sehe mir dabei einen alten ZDF-Mitschnitt von den fröhlich grinsenden Bohlen und Anders an.
Ich stelle meine Rückenlehne noch ein Stück weiter zurück und falle in einen Traum von den majestätischen Walen in Patagonien, der leichten Meeresbrise und dem Duft von… Moment! Abrupt werde ich aus dem Schlaf gerissen. Das Röhren des eben noch als stolzen Wals entpuppt sich nun als das Röcheln zweier Holländerinnen in der Reihe hinter uns, die sich nach allen Regeln der Kunst übergeben; und der Duft des Meeres… Naja, lassen wir das. Ein Blick in das Gesicht neben mir lässt erahnen, dass ich bereits einige Höhepunkte dieser Tragödie verpasst habe. Das Rascheln der Plastiktüte sollen wir in den folgenden sechs Stunden Reisezeit noch oft hören…
Die Straßen nach Uyuni sind erbärmliche Schotterpisten, die ein weiteres Schlafen unmöglich machen und uns gegen 6:00 Uhr völlig übermüdet ankommen lassen. Um den Bus herum stehen trotz der frühen Uhrzeit ca. zwei Dutzend Menschen, die uns Ankömmlinge schon beim Aussteigen abpassen und ihre Touren an den Mann bzw. die Frau bringen wollen. Die hierbei entstehenden Rangeleien werden uns ein bisschen viel, so dass wir uns, zusammen mit weiteren Reisenden, hier absetzen und einer Frau folgen, die uns mit einem Frühstücks- und Waschraumangebot lockt. Ein paar Straßen weiter sitzen wir nun in ihrem Café, machen uns frisch und bestellen erstmal ein schönes Frühstück. Ganz schön clever diese Frau, die immer wieder mit neuen Kleingruppen ankommt und das Café füllt, das ansonsten schon wegen der etwas abseits liegenden Lage wohl nicht so gut frequentiert wäre. Im Café treffen wir Hazel wieder, eine Irin, die ebenfalls mit unserem Bus gekommen ist und bereits im Voraus eine Tour für die Salar de Uyuni gebucht hat –wir hatten sie im Bus-Terminal in La Paz am Vorabend kennengelernt, sie wird unseren Weg noch weiter begleiten.
Nach dem entspannten und wohltuenden Frühstück drehen wir eine Runde durch den kleinen Ort und klappern die Travel-Agencies mit ihren jeweiligen Salzwüsten-Tourangeboten ab. Eigentlich suchen wir nach einer privaten Tour, weil wir gern unser Reisetempo selbst bestimmen möchten. Allerdings werden private Touren nicht überall angeboten, oder sie kosten den Gesamtpreis für eine hier übliche 6-köpfige Jeep-Tour. Zu sehen gäbe es dasselbe und auch die Geschwindigkeit wäre offenbar nicht viel anders. Die uns empfohlene Red Planet Tour ist schon ausgebucht, weil sie als Empfehlung im LP steht und dessen Jünger dann eben alle dort buchen. Nachdem wir uns durch einige Agenturen gefragt haben, die eigentlich alle mehr oder weniger das gleiche zu etwa den gleichen Preisen anbieten, landen wir schließlich bei einem Anbieter, der sich als Tour-Guide vorstellt und sehr gutes Englisch spricht. Das war echt ein Kampf, denn die Wettbewerber haben sich so richtig in die Wolle gekriegt – wer jetzt seine Tour nicht voll bekam, dem entging das Geschäft dieses Tages. Dumm nur, dass man als Reisender nicht wirklich gern zwischen solche Fronten gerät… Ein echtes Plus, das er den meisten anderen Anbietern voraus zu haben scheint und für uns schließlich auch den entscheidenden Ausschlag gibt. Darüber hinaus ist er offenbar auch noch ein ziemliches Schlitzohr, wie sich zehn Minuten später im Jeep herausstellt, denn er spricht zwar gutes Englisch und mag auch ein toller Tour-Guide sein, nur eben nicht unser. Als wir zusammen mit einem jungen Pärchen aus Neuseeland sowie einem französischen Pärchen karibischer Abstammung (das auf Hochzeitsreise ist!) im Jeep sitzen, stellt sich uns ein ganz anderer netter Fahrer als Guide vor – auf Spanisch, denn er spricht leider kein einziges Wort Englisch. Unglücklich nur, das fünf von sechs Tour-Teilnehmer kein oder nur sehr begrenzt spanisch sprechen, so fällt der sechsten von uns zu, unfreiwillig die Rolle der Dolmetscherin und Tour-Guide zu übernehmen. Im Nachhinein erklärt sich nun auch, warum der englisch sprechende Travel-Agent über diese Spanisch-Kenntnisse so entzückt war, offenbar hatte auch er damit die Rolle der Dolmetscherin unausgesprochen vergeben!