Iran 01 – Welcome to Iran

Tag 1: Welcome to Iran

Ein kurzer Blick, ein Lächeln, dann drückt mir der junge Mann am Schalter der Passkontrolle den Stempel in den Reisepass, „Welcome to Iran!“. Diesen Satz werde ich in den kommenden zweieinhalb Wochen noch so einige Male zu hören bekommen.

Ich gebe zu, dass ich nicht ganz frei von Vorurteilen in das Land zwischen Kaspischem Meer und Persischem Golf gereist bin. Googelt man ein wenig über den Iran, so findet man zahllose Berichte über die Religionspolizei, Kleider- und Verhaltensordnungen, Auspeitschungen als Strafe für nach unserem Verständnis von Bagatelldelikten und scheinbar willkürlichen Verhaftungen, wie z.B. jüngst die der Britin Nazanin Zaghari-Ratcliffe, die auch die iranische Staatsangehörigkeit besitzt und wegen angeblicher Spionage seit Monaten in einem iranischen Gefängnis in Haft sitzt. Nutzt man die Google-Bildersuche mit Schlagwörtern wie „Iran“ oder einzelnen iranischen Städtenamen, so befinden sich fast immer auf der ersten Seite auch Bilder von öffentlichen Erhängungen. Möglicherweise gehört dies zu den Gründen, warum die staatliche Zensurbehörde selbst Google, ebenso wie zahlreiche andere „westliche“ Internetseiten und Plattformen der sozialen Medien gesperrt hat.

Auf der anderen Seite wird immer wieder von der außerordentlichen Schönheit des Landes, der Freundlichkeit und Weltoffenheit seiner Menschen sowie der überaus großen, quasi schon legendären Gastfreundlichkeit berichtet, derer, die sich mit dem System arrangiert haben und sich freuen, ja, geradezu begierig darauf sind, den wenigen Touristen, die eine Reise in ihr Land wagen, ein anderes Bild ihrer Heimat präsentieren zu können.

Meine Freundin Lisa entdecke ich schon von weitem. Sie hatte eine andere Flugroute nach Teheran genommen und erwartet mich bereits in der für einen Hauptstadtflughafen eher etwas schäbig anmutenden Empfangshalle des Imam Khomeini International Airport, kurz IKA. Sie fällt nicht nur auf, weil die Anzahl westlicher Touristen ohnehin eher überschaubar ist, als Ausdruck ihrer Abneigung gegen den Kopftuchzwang hat sie sich auch noch ein Tuch mit Stars und Stripes in den Farben der amerikanischen Flagge über den Kopf gelegt, das in der Ankunftshalle des Flughafens durchaus Beachtung findet. Immerhin hat man sie so ins Land hinein gelassen, was ja doch für eine einigermaßen liberale Haltung der immigration officer sprechen könnte, und: Welcher vermeintliche Spion würde sich schon öffentlich so outen… 😉

Tehran Airport

Um in den kommenden zweieinhalb Wochen erreichbar zu sein, hole ich mir gleich am Flughafen für rund 3 USD eine aufgeladene Sim Card für mein Handy, mit der ich auch (das eingeschränkte) Internet zur Verfügung habe – sehr praktisch z.B. für die Hotelsuche in den jeweiligen Orten. Die Einschränkungen durch die zensurbedingten Blockaden einzelner Websites lassen sich größtenteils mit einer VPN-Verbindung umgehen, hierfür hatte ich mir vorab in Deutschland die Orbot-App auf mein Android-Handy geladen, die hervorragend funktioniert und auch Webseiten wie Facebook & Co. funktionieren lässt.

Wie in so ziemlich jedem anderen Land der Welt sind es auch hier im Iran allen voran die Taxifahrer, die das finanzielle Potential von Touristen erkennen und mit völlig überhöhten Preisen übers Ohr zu hauen versuchen. Da der Imam-Khomeini Flughafen etwa 30 km südwestlich von Teheran liegt, haben wir schon vorher beschlossen, die Hauptstadt zunächst auszulassen und uns gleich in Richtung Kashan gen Süden zu bewegen – gar nicht so einfach, denn es gibt zwar am Flughafen einen Informationsschalter, die dort sitzenden Damen zeichnen sich jedoch nicht gerade durch eine große Hilfsbereitschaft aus (vielleicht mögen sie auch einfach Lisas Kopftuch nicht!), und sie sprechen zudem auch kein Wort Englisch. Wenig hilfreich also für den ausländischen Touristen, dessen Farsi-Kenntnisse naturgemäß relativ begrenzt sind… Wir lassen uns nach zähen Verhandlungen mit diversen Taxifahrern (der teuerste wollte 25 USD!) am Ende für 350.000 Rial (rund 9 EUR) zur Autobahn-Mautstelle fahren, an der auch die Fern-/Überlandbusse halten. Für weitere 155.000 Rial pro Person bringt uns von dort ein bequemer Luxus-Bus, dessen Ausstattung wir bisher eher aus Südamerika kannten, nach Kashan.

Ein Hotel hatten wir in Kashan noch nicht reserviert, und so lassen wir uns von einem Taxi zum Guest House Esahn bringen, eine gemütliche Herberge in einem historischen Gebäude mit super-schönem Innenhof, das als Tipp in unserem Reiseführer aufgelistet ist. Das Zimmer selbst ist nicht so überzeugend, soll aber trotzdem stolze 85 USD kosten, weil es sich um ein Dreibettzimmer handelt – da macht man hier keine Unterschiede, selbst wenn es nur von 2 Personen genutzt werden soll. Eigentlich ist es uns immer noch zu teuer, aber müde von der langen Anreise einigen wir uns auf 70 USD und ruhen uns erst einmal zwei Stündchen aus, um frischen Schwung in die erschöpften Glieder zu bringen.

Am frühen Nachmittag begeben wir uns auf einen ersten Spaziergang durch den Stadtkern. Bei sengender Sonne und heißen, nahezu unerträglichen 45 Grad schlendern wir zunächst zu den Old Houses, ein Viertel aus alten Lehmbauten, die den Eindruck des alten Persien vermitteln; dabei retten wir uns von Kiosk zu Kiosk, um uns immer wieder mit kalter Cola (die echte Marke Coca Cola findet man allerdings nur wie die berühmte Stecknadel im Heuhafen, deutlich weiter verbreitet sind lokale Kopien wie ZamZam u.a.!) und jeder Menge Eis am Stiel einzudecken und vor allem abzukühlen.

Sultan Amir-Amad Badehaus

Neben den vielen Moscheen ist vor allem das super-schöne alte Sultan Amir-Amad Badehaus eines der Highlights im historischen Kashan. Der örtliche Basar ist dagegen zwar ganz nett, unterscheidet sich aber nicht so gewaltig von anderen Basaren, die wir bisher gesehen haben. Insgesamt geht das Geld bei unserer ersten Besichtigungstour schon schneller weg als gedacht… Vor allem Eintrittsgelder sind gar nicht so ohne (150.000,- für eine Sehenswürdigkeit bzw. 350.000 für Dreierticket pro Person).

Dach des Sultan Amir-Amad Badehaus

Während unseres ersten Spaziergangs in einer iranischen Stadt werden wir gefühlte 100 Male oder mehrangesprochen: „Hello!“, „Where are you from?“, „Welcome to Iran!“, von einem netten Verkäufer bekommen wir spontan zwei Eis geschenkt. Was in vielen anderen Ländern zunächst misstrauisch macht, weil es oft der Beginn eines Verkaufsgesprächs ist, ist hier (in der Regel) einfach nur nett gemeint. Die Menschen freuen sich, wenn Touristen ihr Land besuchen und nutzen diese Gelegenheit, um ihre (meist auf einige wenige Wörter beschränkten) Englischkenntnisse anzuwenden. Und auch, so werden wir im Laufe unserer Reise feststellen, um sich immer und immer wieder, teilweise proaktiv-prophylaktisch im Vorfeld jeglicher inhaltlicher Konversation, für die Politik ihrer Führung zu entschuldigen.

Zahlreiche Fahrer versuchen natürlich auch, den Touristen verschiedene Touren anzubieten. Bei einer sehr sympathischen jungen Iranerin mit sehr guten Englischkenntnissen buchen wir dann auch tatsächlich eine Tagestour für den kommenden Tag zu den Sehenswürdigkeiten der Umgebung und insbesondere in das historische Städtchen Abyaneh und vereinbaren eine Abholung um 10:30 Uhr, entweder durch sie selbst oder durch ihren Mann, der rein zufällig Taxifahrer ist… 😉 Ob das Auto ein gutes Fahrzeug ist? Natürlich! (ist es nicht…)

Und ihr Mann spricht natürlich auch genauso gut Englisch wie sie! (tut er nicht…)

Auf der Suche nach einem Restaurant finden wir am Abend dann sogar noch einen kleinen Supermarkt, der die heißgeliebte Cola Light im Angebot hat, und ich decke mich gleich mit 6 Dosen davon ein. Ein schöner Abschluss eines wunderbaren ersten Tages im Iran!

 

Kashan Basar

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