Iran 05 – Isfahan-Yazd

Tag 5: Von Isfahan nach Yazd

Bevor wir am Nachmittag unseres fünften Reisetages den Bus nach Yazd besteigen, verbringen wir die erste Hälfte dieses Tages damit, noch ein wenig mehr von der wirklich schönen, altehrwürdigen Stadt Isfahan zu sehen, außerdem müssen wir dringend noch ein bisschen Geld tauschen, um unsere Bustickets bezahlen zu können. Wir fragen uns bei verschiedenen Geschäften und Passanten nach einer Möglichkeit zum Geldwechsel durch und bekommen immer wieder alle möglichen verschiedenen Richtungen und Adressen genannt. Die ein wenig englischsprechende junge Assistentin eines alten, griesgrämigen Buchhändlers schreibt uns schließlich eine Adresse auf einen Schmierzettel auf, die nur 50 Meter weiter die Straße hinunter liegen soll; als wir aber auch diese nicht finden können und erneut bei einem Modegeschäft nach dem Weg fragen, werden wir kurzerhand hineingebeten. Dessen Besitzer erkundigt sich telefonisch nach dem aktuellen Wechselkurs, wir handeln noch kurz, einigen uns auf 39.500 Rials/EUR und tauschen direkt bei ihm.

Als Rial-Millionäre gehen wir mit prall gefüllten Taschen weiter zum nahe gelegenen Hasht Behesht Palace, einem 1969 fertiggestellten und reichhaltig verzierten Palast, der sich im großen gleichnamigen Garten, eher gesagt, Park, befindet. Da sich von außen auch in den hübschen, aber relativ kleinen und in offener Bauweise errichteten Sommerpalast hineinschauen lässt, sparen wir uns dieses Mal den Eintrittspreis von 150.000 Rial pro Person und begnügen uns mit ein paar Fotos vom Gebäudeäußeren, bevor wir am National History und Contemporary Art Museum vorbei zum größeren Chehel Souton Palace (Eintritt: 200.000 Rial) gelangen. Das schöne, alte und mit Holzsäulen gestützte Palastgebäude trägt auch den Namen „40 Säulen-Palast“, wie mir ein netter Iraner erzählt, der sich zu mir gesellt und – wie in diesen Fällen üblich – das Gespräch über Gott und die Welt, und vor allem über sein Land, den Iran, sucht. Zwar besitzt der Palast tatsächlich nur 20 Holzsäulen, diese spiegeln sich jedoch im klaren Wasser der rundherum angelegten Teiche, so dass sie optisch noch eindrucksvoller wirken und eben durch die Reflexion doppelt wirken. Heute tun sie dies aber nicht, was vor allem daran liegt, dass die Becken leer sind… Nachdem die klassischen Fragen wie „Where are you from?“ und „Do you like Iran?“ nebst der üblichen Entschuldigung für die eigene Regierung gestellt wurden, erzählt mir der Mann stolz, dass sein Sohn in Deutschland studiert. Vorerst wird er wohl nicht wieder in den Iran zurückkehren. „Bad time to live in Iran“, flüstert er mir zu. Und wieder wird mir bewusst, was ich als Tourist hier so nicht erlebe, weil wir eben als Touristen wahrgenommen werden und ganz offensichtlich nicht im gleichen Maß wie die eigene Bevölkerung den hiesigen Restriktionen durch die Behörden, und insbesondere der Religionspolizei, unterliegen… Was für ein Riesenprivileg dies ist, lässt sich nur in unserer Phantasie ausmalen!!!

Gegen Mittag gehen wir noch einmal zum Naqsh-e Jahan Square, der tagsüber immer noch beeindruckend groß ist, aber nicht den gleichen Charme wie in der Abendstimmung auszustrahlen vermag. In der Mittagshitze halten sich deutlich weniger Menschen auf dem Riesenplatz auf, stattdessen schlendern sie lieber durch die kühleren Gänge des Basars, der um den Platz herum führt. Während wir uns die Jameh Abbasi Moschee anschauen, die sich auf der Südseite des Platzes befindet, komme ich erneut mit einem jungen Iraner ins Gespräch. Er erzählt mir, dass er Ingenieur sei, aber im Iran keinen Job finde, auch wenn gerade im ganzen Land viel gebaut würde. Die Arbeitslosigkeit sei sehr hoch und gerade für junge, gut ausgebildete Menschen gebe es hier so gut wie keine Hoffnung. Aus diesem Grund möchte er so schnell wie möglich weg aus diesem Land, zu dem er keine besonders starke persönliche Bindung mehr zu besitzen scheint. Ein weiteres trauriges Einzelschicksal, welches ein weiteres Mosaiksteinchen in dem sich bei uns im Geiste aufbauenden Bild dieser Gesellschaft bildet…

Ein Taxi bringt uns für 150.000 Rial erst zum Hotel, wo wir unsere Koffer abholen und im Anschluss daran zum Busbahnhof, von wo um 17:00 Uhr der nächste Bus nach Yazd abfährt. Wir bezahlen 220.000 Rials pro Person, was etwa 6 EUR für eine 4-stündige Fahrt entspricht. Zunächst aber verbringen wir also eine gute Stunde am Busbahnhof… Zum Glück gibt es hier WiFi.

„Blödes Kopftuch!“, schimpft Lisa zischend und zieht sich das ohnehin schon weit hinten sitzende Tuch ganz vom Schädel herunter, sobald wir auf unseren Plätzen im Bus Platz genommen haben. Wir sitzen im Bus nach Yazd, und die anderen Fahrgäste scheinen damit kein Problem zu haben, wir erregen damit jedenfalls nicht mehr Aufmerksamkeit, als wir es nicht ohnehin schon die vergangenen Tage als Touristen in diesem Lande tun. Die beiden Erfurter Mädels, die uns auf unserem Ausflug nach Zard-Kuh begleitet hatten, erzählten uns gestern, dass sie sich so sehr an ihre Kopftücher gewöhnt hätten, dass es sie gar nicht mehr stören würde und sie sich im Gegenteil sogar vorstellen könnten, diese auch zurück in ihrer Heimatstadt weiterhin zu tragen… Sicher eine super Idee, zumal ihre Gegend ja für seine folkloristisch liberale Einstellung bekannt ist! Lisa würde einen solchen – jedenfalls aus unserer Sicht absurden – Gedanken nicht im Traum in Erwägung ziehen, vielmehr streift sie ihre Kopfbedeckung bei jeder sich bietenden Gelegenheit fluchend ab – im Taxi, im Bus, im Restaurant, in der Hotellobby… und kaum einer stört sich daran.

Auf der Strecke suchen wir über das eingeschränkte Internet ein Hotel in Yazd und entscheiden uns für das Hotel Kohan – nicht schön und für 35 USD auch nicht gerade günstig, dafür ist der Innenhof ganz schön – auch was wert!.

Am Busbahnhof angekommen, wimmeln wir schon beim Aussteigen die unzähligen privaten Taxifahrer ab, die uns direkt vor dem Bus abgreifen wollen. Heute haben wir mal so gar keine Lust auf überhöhte Preise und langes Verhandeln. Irgendwann kommt ein Uniformierter vorbei, verscheucht sie und führt uns zum offiziellen Taxistand, wo wir natürlich auch wieder handeln müssen. Vielleicht haben wir diesmal etwas zu hartnäckig verhandelt, denn das Taxi, das man uns nun herbeiwinkt, um uns zu unserem Hotel zu bringen, stinkt, als würden im Kofferraum Hühner verwesen (bestenfalls!). Zum Glück dauert die Fahrt, auf der wir unsere Köpfe Luft schnappend aus dem Fenster halten, nur kurz. Am Hotel angekommen, stellen wir nur schnell unser Gepäck ins Zimmer und machen uns gleich wieder auf den Weg.

Vor unserem Hotel in einer schmalen Altstadtgasse gelegen treffen wir Cyril, einen jungen Franzosen, der sich nur mal den Innenhof unseres Gebäudes angeschaut hatte, und da er ebenfalls hungrig ist, machen wir uns gemeinsam auf die Suche nach einem schönen Restaurant für’s Abendessen. Es dauert nicht lange und wir finden ein gemütlich aussehendes Restaurant mit toller Dachterrasse, die sehr chillig aussieht. Bei Pizza, selbstgemachter Limonade und Cola Zero wird es ein super netter und unterhaltsamer Abend, der erst spät in der Nacht endet. Cyril ist allein unterwegs, er kommt ursprünglich aus Lille, lebt aber nunmehr als Gitarrenlehrer in Paris – ein wirklich sympathischer Zeitgenosse, mit dem man gern noch mehr Zeit verbracht hätte!  Auf Reisen trifft man eben die interessanten Menschen – und manchmal ergibt sich auch eine Freundschaft für’s Leben!!!

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