Iran 09 – Persepolis

Tag 9: Ausflug nach Persepolis

Die angekündigte Abfahrt um 8:30 Uhr stellt offenbar nur einen groben Richtwert dar, denn zu dieser Zeit ist noch nicht mal die aus einem Schreibtisch im Innenhof bestehende Rezeption besetzt. Wir setzen uns daher zunächst an einen Tisch im Innenhof zum kargen Hotelfrühstück, das mal wieder nur aus trockenem Fladenbrot, Butter und Marmelade besteht. Wenigstens kann man hier meine geliebte Cola Zero kaufen, mit der ich das harte Brot runterspülen kann. Angenehm ist dagegen die Unterhaltung am Frühstückstisch mit einem netten französischen Paar aus Lyon.

Nachdem wir einen Tipp bekommen haben, dass sich ein Abstecher nach Hamadan doch lohnen könnte, recherchieren wir noch die Möglichkeit, im Anschluss an unseren Ausflug dorthin zu fahren. Es stellt sich allerdings heraus, dass der einzige direkte Bus dorthin um 14:00 Uhr fährt, was wiederum mit unseren Ausflugsplänen kollidieren würde. Wir verwerfen also diesen Plan und buchen stattdessen zwei Tickets für den Nachtbus nach Qom, das ebenfalls sehr sehenswert sein soll. Um 22:00 Uhr soll es losgehen.

Zwischenzeitlich hat sich noch ein junges brasilianisches Paar aus Brasilia für den Ausflug nach Persepolis angemeldet, so dass sich die Kosten von 65 USD teilen lassen. Juliana und Thiago sind beide Anfang 30 und als brasilianische Beamte im sabbatical seit Jahresbeginn auf Weltreise unterwegs.

Der Fahrer unseres Ausflugstaxis erinnert uns an einen Aborigene, war früher Feuerwehrmann und ist nun Rentner. Seine Mutter stammt aus Bagdad und sein Englisch beschränkt sich – wie üblich – auf nur wenige Worte, aber auch wenn wir aus diesem Grund nicht viel kommunizieren können, ist er sehr nett und gibt sich große Mühe, uns einen schönen Ausflug zu bieten.

Als erstes halten wir am Grab von König Cyrus dem Großen. Das Grab selbst sieht recht imposant aus, vom Rest der Anlage ist außer den Resten des Palasts an einem Hügel und ein paar verstreuten Steinen allerdings nicht mehr viel zu sehen, und die gesamte Anlage ist eher unspektakulär. Wir finden nicht, dass dieser Ort den Eintritt von 200.000 Rial pro Person wirklich wert ist, auf der anderen Seite haben wir diesen Betrag schon als Eintritt für viel unscheinbarere Orte bezahlt, und wo wir schon mal hier sind…

Necropolis hat da bei unserem zweiten Stopp am heutigen Tage schon etwas mehr zu bieten: Der persische König Dareios I. sowie später seine Nachfolger Xerxes I., Artaxerxes I. und Dareios II. ließen nacheinander kreuzförmige Grabmäler in die steile Felswand meißeln, die mit ihren filigranen sassanidischen Reliefs, die z.B. die Thronbesteigung eines persischen Herrschers zeigen, auch heute noch sehr gut erhalten sind. Es ist zwar sehr heiß an diesem Wüstenort, dennoch sind die Gräber extrem interessant und sehenswert – ein Besuch für weitere 200.000 Rial pro Person.

Bevor wir zur Hauptattraktion Persepolis kommen, macht unser Fahrer mit uns eine Mittagspause in einem dafür typischen Ausflugslokal mit Platz für hunderte von Gästen. Um diese Zeit ist außer uns jedoch nur eine italienische Busgruppe zum Essen eingekehrt. Auf das Buffetangebot für 400.000 Rial verzichten wir angesichts der heißen Temperaturen. Stattdessen bestellen wir verschiedene gulaschähnliche Eintöpfe mit Reis für 110.000 Rial pro Gericht – durchaus lecker.

Persepolis besteht hauptsächlich aus einigen restaurierten und teilweise rekonstruierten Säulen, einigen mit Reliefs verzierten Toren und Statuen mit Fabeltieren, ansonsten gibt es auch hier für 200.000 Rial pro Person viele herumliegende Steine und ein paar Säulenfundamente zu sehen. So richtig viel steht hier nicht mehr, und an archäologischen Ausgrabungsstätten haben wir schon spektakulärere gesehen, vor allem nachdem wir kürzlich durch Ägypten gereist sind, dennoch ist dies hier ein historischer Ort, den man wohl einfach mal gesehen haben muss.

Obwohl wir die drei besuchten Ruinenstätten allesamt nicht gerade außergewöhnlich fanden, hat sich der Ausflug für uns vor allem deshalb gelohnt, weil wir uns mit den beiden Brasilianern sehr gut verstanden und super unterhalten haben – eine dieser Reisebekanntschaften, die als Freundschaft fürs Leben taugen!

Zurück in Shiraz lassen wir uns direkt in der Geldtauscher-Straße absetzen, wo wir 200 EUR zum Kurs von 39.800 Rial/EUR umtauschen. Die vielen Eintrittsgelder haben unsere Reisekasse schon wieder ziemlich geschröpft, das Geld geht weg wie warme Semmeln… Auf dem Weg durch die Altstadt machen Juliana und Lisa Halt in einem Tschador-Laden – sie wollen es sich nicht entgehen lassen, einmal leibhaftig und echt das Gefühl zu haben, wie eine Iranerin gekleidet den hochsommerlichen Temperaturen ausgesetzt zu sein. Überraschenderweise empfinden beide Mädels übereinstimmend, dass das schwarze Ganzkörpergewand erstaunlich luftig, bequem und nicht störend ist, es rutscht auch nicht etwa dauernd vom Kopf herunter, weil nämlich im Innern der „Kapuze“ ein Gummiband befestigt ist, welches wie ein inneres Haarband den Umhang oben auf Kopf fixiert. Dennoch sind die beiden nach dem Schießen einiger Selfies heilfroh, diese Gespenstertracht wieder abstreifen zu können – das obligatorische Kopftuch ist für beide „Westlerinnen“ schon Strafe genug.

Bei abendlichen Temperaturen von immer noch 30 Grad spazieren wir Eis-schleckend noch einmal in unserer Viererformation zum Schāh Tscherāgh Schrein, der nun im Dunkeln hübsch illuminiert ist und im Innenhof mit dem Gewimmel von Männern, Kindern und schwarzen Gespenstern eine tolle und ganz besondere Atmosphäre bietet! Unsere Guides sind diesmal andere, diesmal begleitet mich ein Mann, während Lisa von einer Frau durch die Anlage geführt wird. Nach dem Rundgang durch den Schrein bringt die junge Frau uns gegenüber ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass unser Besuch unsere Meinung über den Iran und die Menschen geändert habe, wir nun ein besseres Bild bekommen hätten und es weitererzählen würden – was einmal mehr impliziert, dass wir Ausländer natürlich a priori ein schlechtes Bild vom Iran mitbringen würden…

Nach einem schnellen Stopp im Fastfood-Restaurant, bei dem sie meinen Burger leider aufzunehmen vergessen, und dem Einsammeln unseres Gepäcks im Hotel, lassen wir uns schließlich für 50.000 Rial mit dem Taxi zum Busbahnhof bringen, wo unser Nachtbus nach Qom mit kleiner Verspätung abfährt.09 Persepolis

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*