Copacabana

Bolivien – Stippvisite im Touristennest Copacabana

Um Punkt 7:15 Uhr werden wir vom Reisebus in unserem Hostel „Onkel Inn“ abgeholt. Natürlich sind wir wieder mal die ersten auf der Liste der nun folgenden Einsammeltour bei verschiedenen Hotels und Hostels, so dass wir die erste Stunde mit einer Stadtrundfahrt und vielen, vielen Pausen vor den jeweiligen Unterkünften verbringen, aus denen (mal mehr und mal weniger hastig) größtenteils schlaftrunkene Mitreisende herausstolpern und zusteigen. Dann geht es aber endlich los – bis wir noch vor der Stadtgrenze im Stau stehen, weil die einzige Ausfallstraße von La Paz mitten durch einen großen Markt führt…

Auf der Fahrt besonders augenfällig sind die omnipräsenten „Werbetafeln“ für Evo Morales alias politische Wahlkampfpropaganda, die noch im ganzen Land zu finden sind. Da die Kurzbotschaften in der Regel überdimensioniert direkt an die Hauswände gepinselt wurden, können sie nun nach der Wahl natürlich nicht so schnell entfernt werden. Scheint aber auch niemanden zu stören, ein Großteil der Bevölkerung steht hinter ihrem Präsidenten Evo, obwohl er sich nur mit einem Trick eine weitere Amtszeit verschafft hat.

Interessante Geschichte: eigentlich wäre eine erneute Kandidatur laut Verfassung nicht möglich gewesen. Allerdings hat der Fuchs Evo das Land im Wege einer Verfassungsreform umbenennen lassen, von Republica de la Bolivia in Estado Plurinacional de Bolivia – und weil das ja nun etwas vollkommen anderes ist, gelte natürlich auch die Beschränkungen zur Wahl des Regierungs-Chefs des alten Landes nicht mehr! Claro! So stand seiner erneuten Kandidatur nichts mehr im Weg und Evo, der erste indigene Präsident Boliviens, der in seinem Land von der Mehrheit der Bevölkerung als einer von ihnen angesehen wird, ist im Herbst 2014 in seine dritte Amtszeit gewählt worden.

Entlang der beeindruckenden und schier unendlichen Bergkette der schneebedeckten Anden geht es über kurvige Bergstraßen, bis wir an eine Enge kommen, die den großen vom kleinen Titicaca-See trennt und die mit Fähren überquert werden muss. Die Busse werden dabei auf großen alten Holz-Pontons geladen, während die Passagiere aussteigen müssen und für 2 Bolivianos pro Nase mit kleinen Fährbooten ans andere Ufer gebracht werden. Auf der gegenüberliegenden Seite wird wieder in den großen Bus eingestiegen und weiter geht’s.

Copacabana selbst hat mit seinem bekannten Namensvetter in Rio de Janeiro wenig gemein: Ein reiner Touristenort mit zahlreichen Hotels und Hostels, noch mehr Bars, Travel-Agencies und vielen, vielen Booten, die von dort zu diversen Touren auf verschiedene Inseln starten. Vor den Bootsanlegern stehen laut das Fahrtziel ausrufende Lockvögel, die ihre Boote vor Abfahrt noch voll bekommen möchten. Auch wenn es einen kleinen Strand und sogar Tretboote in Schwanform gibt, mag so ein richtiges Urlaubsgefühl bei uns nicht aufkommen.

Wir setzen uns in das nächstgelegene Café mit freiem Wifi, dessen Dachterrasse im ersten Stock mit Blick auf das Treiben am Ufer zugegebenermaßen sehr nett ist und checken unsere weiteren Möglichkeiten aus. Ich bestelle mir einen Hamburger, der zwar ganz in Ordnung schmeckt, später jedoch leider erneut bei mir vorstellig werden wird. Noch vor Verdrücken der letzten Pommes wird uns klar, dass wir uns in einem derartigen Touri-Nest nicht wirklich lange wohlfühlen werden, entscheiden wir uns für den Besuch eines Reisebüros, schwuppsdiwupps um 13:55 Uhr einen Ausflug zu den sog. Islas Flotantes im peruanischen Puno gebucht, und um 14:00 Uhr sitzen wir auch schon wieder an Bord des nächsten Busses.

Bereits nach 15 Minuten erreichen wir die bolivianisch-peruanische Ländergrenze, an der alle Passagiere für die Passformalitäten aussteigen müssen. Während sich weder der allgemeine Boliviano noch der Peruaner um solche Banalitäten wie Grenzkontrolle zu kümmern scheint und sich mit vollbeladenen Handkarren, Fahrrädern oder auch Säcke tragend zu Fuß munter zwischen den Ländern hin und her bewegt, müssen sich die Touristenmassen zunächst vor der bolivianischen Passkontrolle anstellen. In der dafür vorgesehenen Baracke sitzen zwei grimmig dreinblickende Männer in Zivilkleidung, die, sich untereinander unterhaltend, die Pässe der Reisenden in aller Ruhe kontrollieren, nicht ohne die Wartenden immer wieder zwischendurch zu ermahnen, sich unverzüglich in einer Reihe hintereinander! und nicht nebeneinander! aufzustellen. Ordnung muss schließlich sein. Zwischendurch kommt offenbar noch ein alter Freund von ihnen vorbei, der nach einer angeregten Unterhaltung zu seiner diebischen Freude auch mal einen Stempel in einen Pass drücken darf. Como no?

Eine junge Amerikanerin in der Reihe direkt vor uns ist etwas beunruhigt, weil sie den Einreiseabschnitt nicht mehr auffinden kann, der bei der Ausreise aber nun wieder abgegeben werden muss. Dies fällt auch sogleich dem uniformierten Kollegen mit Sonnenbrille auf, der vor der Baracke unter den Wartenden durch Vorprüfung offenbar die gewinnversprechenden Fälle ausfindig macht und diese sodann in sein Büro „einlädt“. Schon nach wenigen Minuten erklärt sie wieder draußen stehend ihren Freunden, dass es letztlich nur einer unauffälligen kleinen Spende für den persönlichen Sozialfonds dieses Herrn bedurfte. Mist! – und wir dürfen uns eine Stunde lang in der sengenden Sonne bei der regulären Passkontrolle anstellen, weil wir den Abschnitt noch haben! Nachdem auch wir endlich den Ausreisestempel in unserem Pass haben, geht es 150 Meter zu Fuß zum Büro der peruanischen Grenzbeamten. Hier ist die Schlange wesentlich kürzer, da die Arbeitsweise der Bolivianer den Zufluss etwas reguliert. Nach etwa 75 Minuten sitzen wir wieder in unserem Bus und weiter geht‘s.

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